Autor: G Corleone

  • Stop. Living on Instagram.

  • Ausriss: Ost-taz vom 9. April 1990, Seite 14.

    Alte Zeitungsseite, neulich wiedergefunden.

    Mit dem Spruch „Endlich ein anderer Sound“ warb Radio DDR 1 im April 1990 für seine Umformatierung in Radio Aktuell. Soweit ich mich erinnere, bestand das Programm bis zum damaligen Zeitpunkt aus unerträglich seichter Schlager- und Orchestermusik. Gefällige Wohlfühl-Unterhaltung, den heutigen Schlagerwellen ähnlich. Nur fehlt heute dem Wortanteil jene penetrant politische Einfärbung, wie sie im DDR-Rundfunk permanent stattfand, staatlich verordnet, voll auf Linie, ausnahmslos.
    Im Januar 1992 war Schluss mit Radio Aktuell.

    Ein interessantes Zeitzeugnis ist auch die Anzeige rechts daneben.
    Ihr Verfasser war offensichtlich auf der Suche nach Ex-Genossen, denen die „Lebensinteressen der deutschen Arbeiterklasse“ sogar wenige Wochen vor Einführung der D-Mark noch einen Diskussionszirkel wert waren.

    Wilde Zeiten damals.

  • Vereintes Feuilleton.

    Mal wieder Nabelschau, pünktlich zum Tag der Einheit: Sind wir soweit? Alles vereint? Wie steht’s im Osten? Was denkt der Westen?
    Immer diese Ostdeutschen mit ihrer Erfahrung, wie es sich anfühlt, alles zu verlieren. Zwillinge, einer Parallelwelt entsprungen. Warum sind sie nicht dankbarer? Und erst diese Westdeutschen, wahlweise ihrer Ruhe beraubt oder in Goldgräberstimmung. Staunen noch immer darüber, dass auch im Osten grünes Gras wächst.

    Das sind doch alles Ü40-Themen.

    Was mich mal interessieren würde: Begreifen sich ehemalige vietnamesische Vertragsarbeiter eigentlich als Ossis? Empfindet der türkischstämmige Teil unserer Bevölkerung Wessi-Like? Und geht die ewige Ost-West-Diskussion allen, die nach 1980 geboren wurden, einfach nur auf den Senkel, ähnlich wie Weihnachten in Familie?

  • Deshalb mag ich Leipzig.

    Deshalb mag ich Leipzig. Diese lächelnden Kästen, Häuschen, Tonnen, überall. Hier plumpst Dir kein meterdicker Papierklotz aus hundertmal überklebten Konzertplakaten vor die Füsse. Die gibt es hier kaum, weil (hoffentlich halbwegs anständig bezahlte) Menschen bei Wind und Wetter mit Spachteln durch die Strassen ziehen, um auch den winzigsten Spuckis den Garaus zu machen. Das mag man aus vielerlei Gründen doof finden, doch die emsigen Spachtelkolonnen machen den Weg frei für die Smileys. Ich finde, die blosse Anzahl der Smileys sagt viel mehr über das Leipziger Lebensgefühl aus, als es die euphorischsten (an Hamburger, Frankfurter oder Münchner Gazetten verkloppten) Hypezig-Texte hiesiger Journalistikstudentinnen könnten. Versucht Euch nur mal auszumalen, was voll fertige Einwohner einer richtig fiesen Stadt auf solche Freiflächen schmieren würden. Na also.

    Tipp: Das Graffitismile-Tumblr, „a collection of smiles painted throughout the city of leipzig, germany“.